Heilpraktiker: Alles zur Ausbildung

Mehrmals die Woche erreicht mich auf Instagram die Frage „Wo machst du eigentlich deine Ausbildung zur Heilpraktikerin?“.

Die Mission, die richtige Heilpraktikerschule zu finden, kann zu einer komplizierten und langen Odyssee voll Infobroschüren, Preisvergleichen und Stunden der Recherche werden.

Da ich mit der Ausbildung in der HeLeNa Heilpraktikerschule bei mir in Wuppertal kaum glücklicher sein könnte, habe ich mir Leiter Christoph Kaiser geschnappt und ihn für euch zu dem Thema einmal ausgefragt.

Ich hoffe, euch mit diesem Beitrag die Suche etwas zu vereinfachen und offene Fragen rund um die Ausbildung zu klären.

Ganz viel Spaß!

*Beitrag enthält Werbung

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Lieber Christoph, dank dir sehr, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst.

Stell dich und die Schule doch einmal kurz vor.

Ich freu mich auch! Mein Name ist Christoph Kaiser, ich bin seit 2010 Heilpraktiker und Leiter der HeLeNa Heilpraktikerschule in Wuppertal. Ursprünglich bin ich gelernter Rettungsassistent bzw. Notfallsanitäter.

Seit meiner Ausbildung zum Heilpraktiker bin ich bereits als Dozent in dieser Schule tätig. Parallel dazu habe ich meine eigene Praxis aufgebaut und konnte vor nun über sechs Jahren die Schule übernehmen. Seither konzentriere ich mich voll und ganz auf die Schule und meine eigene Praxis.

 

Wie sieht die Ausbildung zur Heilpraktikerin, bzw. zum Heilpraktiker in Bezug auf Dauer, Inhalte, Ablauf & Co. genau aus?

Leider gibt es für Heilpraktiker*innen (noch) keine Ausbildungspflicht. Die Überprüfung beim Gesundheitsamt steht prinzipiell für Jeden offen. Aber nur wer diese besteht, darf als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker praktizieren. Unsere Erfahrung und die überaus hohen Durchfallquoten zeigen ganz klar: Eine gute Ausbildung und eine intensive Vorbereitung sind zwingend notwendig. Die Überprüfung beim Gesundheitsamt ist sehr anspruchsvoll – und das ist auch gut und richtig so!

Heilpraktiker*innen werden beispielsweise darin überprüft, ihre Behandlungsgrenzen zu kennen und zu erkennen. Ein wesentlicher Inhalt der Heilpraktikerüberprüfung ist die Früherkennung von Notfällen und gefährlichen oder infektiösen Erkrankungen. Denn daraus ergibt sich für uns die Weiterleitung in eine ärztliche Behandlung bzw. auch die Meldung von Verdachtsfällen nach dem Infektionsschutzgesetz – oder auch Maßnahmen der notfallmedizinischen Erstversorgung.

Auf die vielfältigen und umfangreichen Inhalte der ärztlich-wissenschaftlichen Medizin muss man sich entsprechend vorbereiten. Und da braucht es einfach eine solide Ausbildung als Basis.

Unser Konzept ist berufsbegleitend auf drei Jahre ausgelegt. Wir bieten wöchentlich entweder vormittags oder am Nachmittag Kurse an. Im ersten Jahr beschäftigen wir uns ausschließlich mit der Anatomie und Physiologie des Körpers: Wie sieht es aus, wenn alles gesund ist? 

Im zweiten und dritten Jahr wenden wir uns der Pathologie zu: Erkrankungen der einzelnen Organsysteme, Infektionskrankheiten und Differentialdiagnosen.

Unser oberstes Ziel ist, dass unsere Schüler*innen in der Überprüfung aber vor allem auch in der Praxis später ordentlich diagnostizieren können und ihre Grenzen kennen. Wir arbeiten mit Menschen – da darf man sich keine Fehler erlauben.

Die Präsenzlernphasen der Ausbildung werden mit unserem umfangreichen Skriptmaterial ergänzt. Zu Hause wird dann damit nachgearbeitet. Auch medizinische und heilpraktische Fachliteratur ergänzt unser Konzept hervorragend. Wir haben ein umfangreiches Curriculum ausgearbeitet, zu dem auch unsere Praxiskurse gehören. Angefangen bei Untersuchungskursen (theoretisches Wissen in der Praxis anwenden), Notfalltrainings (Vorbereitung auf Notfallsituationen) oder mit Injektionstrainings (invasive Techniken trainieren) tun wir alles, um unsere Schüler*innen bestmöglich vorzubereiten. 

 

 

Was ist das Besondere eurer Schule?

 

Was sind denn überhaupt die Anforderungen die es braucht, um Heilpraktiker*in werden zu können?

Die Anforderung die es braucht, um zur Prüfung zugelassen zu werden, sind recht niederschwellig. Es braucht…

·       ein Mindestalter von 25 Jahren 

·       den Nachweis über (mind.) einen Hauptschulabschluss

·       ein „sauberes“ Führungszeugnis

·       und eine gesundheitliche Eignung
(man muss physisch und psychisch in der Lage sein, den Beruf auszuüben)

 

Wie läuft die Heilpraktikerüberprüfung ab und welche Inhalte werden geprüft, bzw. überprüft?

Die seit 2018 gültigen Überprüfungsleitlinien stellen sicher, dass Heilpraktikeranwärter*innen fundierte Kenntnisse nachweisen müssen, z. B. in Qualitätssicherung und Notfallsituationen. Ebenso werden anwendungsorientierte, medizinische Kenntnisse verlangt. Wer die Heilpraktikerüberprüfung bestanden hat, belegt damit, dass er über die zur Ausübung des Heilpraktikerberufs notwendigen Kenntnisse verfügt.

Man legt vor dem Gesundheitsamt zwei Überprüfungsteile ab. 

Der erste Teil ist die schriftliche Prüfung in Form eines Multiple-Choice-Tests. Das ist im Medizinbereich üblich. Die Prüfung besteht aus 60 Fragen, für die man zwei Stunden Zeit hat. 75% der Fragen müssen korrekt beantwortet werden, sonst wird man nicht zum mündlichen Prüfungsteil zugelassen und muss den Test dann frühestens ein halbes Jahr später wiederholen. 

Hat man bestanden, wird man zur mündlichen Überprüfung beim Gesundheitsamt eingeladen. Dort sitzt üblicherweise ein Amtsarzt/ eine Amtsärztin mit zwei Beisitzer*innen. Inhalt und Ablauf der mündlichen Überprüfung variieren stark, denn sie umfasst alle Bereiche der Anatomie, Physiologie und Pathologie. Von einem Patientenfall über Wissensfragen hin zu Rechtlichem, Fachgesprächen oder der Vorbereitung und praktischen Durchführung einer Injektion oder Infusion kann dich dort alles erwarten.

Auch eine Überprüfung im gewählten Therapieverfahren ist möglich. Gerade das Überprüfen „anwendungsorientierter medizinischer Kenntnisse“ dient der Qualitätssicherung und dem Patientenschutz.

Jetzt hast du erzählt, dass in der Ausbildung in erster Linie ärztlich-wissenschaftliche, also “schulmedizinische” Themen behandelt werden. Wenn ich die Überprüfung absolviert habe, kann ich dann überhaupt schon therapieren?

Genau, du hast recht. Wir machen vor allem „knallharte wissenschaftliche Medizin“. Während des Unterrichts schauen wir natürlich auch mal über den Tellerrand, denn jeder Dozent bringt seine eigenen Therapiemethoden mit. Ich komme z.B. aus dem manualtherapeutischen Bereich, der Hypnose und ich mache auch viel mit invasiven Techniken. Ein anderer Dozent kommt aus der TCM und lässt sein Wissen daraus in den Unterricht einfließen. 

Wir integrieren aber bewusst keine eigenständigen Therapiefortbildungen in die Grundausbildung. Das liegt daran, dass das Spektrum der Therapiemöglichkeiten später unsagbar groß ist. Der Bund Deutscher Heilpraktiker, unser Berufsverband, hat ein umfangreiches Therapielexikon veröffentlicht, in dem man Einiges zu verschiedenen Therapiemethoden nachlesen kann – es fällt schwer, da den Überblick zu behalten. 

Zumal ist nicht für Jeden das gleiche Therapieinstrument auch das Richtige. 

Würden wir z.B. die klassische Homöopathie in die Ausbildung integrieren, müsste die Ausbildung von drei auf mindestens fünf Jahre verlängert werden. Dann sitzen hier am Ende zehn klassische Homöopath*innen von denen acht sagen: „Das ist nicht meins – damit möchte ich nicht arbeiten“. Das wäre nur verschenkte Zeit und verschenktes Geld. 

Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, die Grundausbildung rein schulmedizinisch auszurichten. Dafür bieten wir oder andere Partnerschulen diverse Fortbildungsmöglichkeiten an, die parallel zur Ausbildung angeboten werden und besucht werden können. Und das würde ich jedem empfehlen: Mit bestandener Überprüfung kann man theoretisch dann direkt loslegen zu arbeiten. Und es steht sowieso „lebenslanges Lernen“ auf dem Programm.

Ganz wichtig: Viele Anwärterinnen und Anwärter oder frisch gebackene Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker absolvieren vor ihrer Praxiseröffnung eine Assistenzzeit oder ein Praktikum in Heilpraktikerpraxen und/oder in Kliniken und Arztpraxen.

Alle Fortbildungen der HeLeNa Heilpraktikerschule findet ihr auf der Website.

Man sieht die Diskussionen zu dem Thema in den Medien immer wieder. Hand aufs Herz. Meinst du, der Heilpraktiker-Beruf wird abgeschafft?

Nein. Ich glaube nicht, dass der Beruf abgeschafft wird. Wir sind aktuell in einer Phase der Veränderung. Das Gesundheitsministerium begutachtet derzeit das Heilpraktikerrecht.

Denn das Gesetz, nach dem wir heute noch arbeiten, stammt aus dem Jahre 1939! In den letzten 80 Jahren hat sich aber einiges verändert. Da besteht der Bedarf nach einer kleinen Reform. Ich glaube aber nicht, dass es wirklich zu einer Abschaffungsdiskussion kommt. 

Überleg mal: Es gibt rund 47.000 tätige Heilpraktiker*innen bundesweit – mit 40 Millionen Patientenkontakten jährlich. Diese Menschen vertrauen uns und haben ganz klar einen Bedarf nach ergänzenden Therapiemethoden. Außerdem gibt es das Recht auf freie Therapeuten- und Therapiewahl.

Viele Berufsverbände haben sich in der Gesamtkonferenz Deutscher Heilpraktikerverbände zusammengeschlossen und kämpfen mit viel Herzblut dafür, dass wir unseren wunderbaren Beruf auch weiterhin ausführen dürfen. Das ist ein gutes und richtiges Zeichen.

 

Du siehst uns also nicht als Alternative, sondern als Ergänzung zur “Schul-medizin”?

Da ich aus dem sogenannten schulmedizinischen Bereich komme, kenne ich das System sehr gut. Ich bin bei Weitem kein Gegner dieser Medizin – ganz im Gegenteil. 

Eine Kooperation und ein Miteinander würde ich mir wünschen. Wenn ich in der Praxis an meine Grenzen komme, vermittle ich selbstverständlich an einen Arzt/Ärztin weiter. So wünscht man sich das auch andersherum. Und so läuft es auch in der Praxisrealität ab. Nicht wenige Ärzte gehen selbst zu „ihrem“ Heilpraktiker, bzw. “ihrer” Heilpraktikerin.

Der Bäcker ist ja auch nicht böse auf den Metzger, weil er Salami macht. 😉

Ein Beispiel sind chronische Schmerzpatienten. Auch wenn es manchmal Therapiemodelle sein mögen, die unkonventionell erscheinen: Wenn sie dem Patienten Linderung verschaffen, haben sie ihre Berechtigung. Denn das ist, worauf es ankommt. 

"Ein vernünftiges Miteinander – das wünsche ich mir."

Für weitere Infos zu dem Beruf des Heilpraktikers besucht gerne die Seite der Gesamtkonferenz deutscher  Heilpraktikerverbände und Fachgesellschaften: www.gesamtkonferenz-heilpraktiker.de

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